Stand der Dinge:
Welt retten, Spaß haben

Stand der Dinge:
Welt retten, Spaß haben

13. November 2018
von Klaus Brinkbäumer

13. November 2018
von Klaus Brinkbäumer

Die Grünen haben in diesen Wochen nicht einfach nur Glück, sie profitieren auch nicht einfach nur von der Schwäche der anderen. Sie sind professionell und zugleich leidenschaftlich und obendrein souverän, also humorvoll.

Die Grünen haben in diesen Wochen nicht einfach nur Glück, sie profitieren auch nicht einfach nur von der Schwäche der anderen. Sie sind professionell und zugleich leidenschaftlich und obendrein souverän, also humorvoll.

Sie haben Positionen zu den wichtigen Fragen gefunden, nicht überall gleich Antworten, aber immerhin Haltungen. Noch wichtiger ist, dass (vermutlich) ja viele Menschen in diesen so lauten wie rasanten Zeiten das Gefühl haben, dass gewaltige Probleme nach Ernsthaftigkeit und eindeutiger, durchaus radikaler Politik verlangen: der Klimawandel, eine schnell wachsende Erdbevölkerung, die Massenmigration, die Krise der Demokratie und die Schwäche des Westens. 
Wer hat die Dringlichkeit wirklich verstanden? 
Wer handelt entsprechend? 

Die meisten Parteien streiten lieber über dies und das, vor allem über Koalitions- und Personalfragen. Geht Seehofer ganz? Halb? Doch noch immer nicht? Solche Politik ist bloße Seifenoper: so lange vergnüglich, bis sie eben langweilig wird, und darum blicken wir amüsiert oder angewidert hin, bis wir halt nicht mehr hinblicken – solche Politik ist irrelevant, eine Simulation tatsächlichen Handelns. 

Viele Medien machen es übrigens ähnlich: Sie schreiben über Personalfragen, weil diese unterhaltsam und leicht zu verstehen sind; immer gibt’s ein Drama, Gewinner, Verlierer. Hat die Krise mancher Medien vielleicht damit zu tun, dass sie sich mit den falschen, nämlich den irrelevanten Fragen beschäftigen und nicht mit den großen Themen, um die es geht, auch wenn sie komplex sind? 

Wer nimmt den Klimawandel und die Gefahren für die Demokratie derart ernst, dass Leserinnen und Zuschauer merken: Das hier ist mein Blatt, meine Sendung? 
In der politischen Welt lässt sich sagen: Die Grünen werden jedenfalls so wahrgenommen, als täten sie‘s. Robert Habeck und Annalena Baerbock und alle, die ihnen helfen, wirken wie ein Team, das begriffen hat, was es will und wie das zu erreichen ist. Sie lenken nicht ab. Sie nutzen die sozialen Medien schlau (zu empfehlen: ihre Instagram-Seiten), helfen einander und witzeln mit- und übereinander und bleiben doch konzentriert und seriös. 

Und die anderen? 

Angela Merkel wirkt beinahe so vergnügt wie Habeck und Baerbock – seit sie losgelassen hat. Horst Seehofer wird in Erinnerung bleiben als Vorbild für jeden Narziss, der am Ende der Karriere unbedingt alles vergessen machen möchte, was er jemals erreicht hat. 

Christian Lindner hat möglicherweise verstanden, aber natürlich nie zugegeben, dass der Ausstieg aus den Jamaika-Verhandlungen ein grandios absurder Fehler war: weil man jene Chancen, die sich im Leben bieten, durchaus ergreifen muss; denn warum sonst sollten Wähler einem Politiker vertrauen und glauben, dass der sich jemals für sie einsetzen wird?

Andrea Nahles will Hartz IV hinter sich lassen, sagt aber nicht, was das heißt und wie es gehen soll. Wen eigentlich möchte diese SPD für sich begeistern, die ja die Meisterin der politischen Intrige ist, dieses oben bereits genannten Ersetzens von Politik durch Personaldebatten? 

Alice Weidel wollte eine natürlich ganz und gar nicht korrumpierbare Alternative darstellen und hat eine Spendenaffäre am Hals. 

Sahra Wagenknecht redet von „Aufstehen“ und, schöner als Habeck kann man’s nicht sagen, bleibt doch sitzen, wenn es gegen Fremdenfeindlichkeit geht.
Es könnte übrigens sein, dass Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz (Jens Spahn diesmal noch nicht) im konservativen Lager bald eine ähnliche Kraft entwickeln wie Baerbock und Habeck auf der linken Seite. Kramp-Karrenbauer wirkt netter, menschlicher, dennoch entschlossen; doch für die CDU dürfte nach den Merkel-Jahren nun Merz der passende Kandidat sein: machtbewusst, durch und durch konservativ, zugleich gerade noch nett und menschlich genug, wertschätzende Worte für die bald abtretende Kanzlerin zu finden. 

Es könnte natürlich auch sein, dass sich die Grünen, wenn sie denn konkret werden müssen, wieder in den Details ihrer noch immer ideologisch umkämpften Steuerpolitik verlieren; oder dass die starke Baerbock und der stärkere Habeck irgendwann zu rivalisieren beginnen. 

Im Moment aber sieht es so aus, als würden Union und Grüne die kommende politische Auseinandersetzung austragen – und nach dieser Auseinandersetzung womöglich die nächste Große Koalition bilden. 

Bei CDU und CSU wissen wir noch nicht, welche Richtung sie einschlagen werden. Die Grünen sind in einem sich verändernden Land (siehe NYT-Link unten) zumindest in diesem Herbst einige Schritte weiter, denn sie strahlen etwas aus: Sie wollen die Welt retten und dabei lachen – gut möglich, dass sie damit das Lebensgefühl 2018 punktgenau treffen.

NYT – Germany’s Real Political Divide Is Generational

Sie haben Positionen zu den wichtigen Fragen gefunden, nicht überall gleich Antworten, aber immerhin Haltungen. Noch wichtiger ist, dass (vermutlich) ja viele Menschen in diesen so lauten wie rasanten Zeiten das Gefühl haben, dass gewaltige Probleme nach Ernsthaftigkeit und eindeutiger, durchaus radikaler Politik verlangen: der Klimawandel, eine schnell wachsende Erdbevölkerung, die Massenmigration, die Krise der Demokratie und die Schwäche des Westens. 
Wer hat die Dringlichkeit wirklich verstanden? 
Wer handelt entsprechend? 

Die meisten Parteien streiten lieber über dies und das, vor allem über Koalitions- und Personalfragen. Geht Seehofer ganz? Halb? Doch noch immer nicht? Solche Politik ist bloße Seifenoper: so lange vergnüglich, bis sie eben langweilig wird, und darum blicken wir amüsiert oder angewidert hin, bis wir halt nicht mehr hinblicken – solche Politik ist irrelevant, eine Simulation tatsächlichen Handelns. 

Viele Medien machen es übrigens ähnlich: Sie schreiben über Personalfragen, weil diese unterhaltsam und leicht zu verstehen sind; immer gibt’s ein Drama, Gewinner, Verlierer. Hat die Krise mancher Medien vielleicht damit zu tun, dass sie sich mit den falschen, nämlich den irrelevanten Fragen beschäftigen und nicht mit den großen Themen, um die es geht, auch wenn sie komplex sind? 

Wer nimmt den Klimawandel und die Gefahren für die Demokratie derart ernst, dass Leserinnen und Zuschauer merken: Das hier ist mein Blatt, meine Sendung? 
In der politischen Welt lässt sich sagen: Die Grünen werden jedenfalls so wahrgenommen, als täten sie‘s. Robert Habeck und Annalena Baerbock und alle, die ihnen helfen, wirken wie ein Team, das begriffen hat, was es will und wie das zu erreichen ist. Sie lenken nicht ab. Sie nutzen die sozialen Medien schlau (zu empfehlen: ihre Instagram-Seiten), helfen einander und witzeln mit- und übereinander und bleiben doch konzentriert und seriös. 

Und die anderen? 

Angela Merkel wirkt beinahe so vergnügt wie Habeck und Baerbock – seit sie losgelassen hat. Horst Seehofer wird in Erinnerung bleiben als Vorbild für jeden Narziss, der am Ende der Karriere unbedingt alles vergessen machen möchte, was er jemals erreicht hat. 

Christian Lindner hat möglicherweise verstanden, aber natürlich nie zugegeben, dass der Ausstieg aus den Jamaika-Verhandlungen ein grandios absurder Fehler war: weil man jene Chancen, die sich im Leben bieten, durchaus ergreifen muss; denn warum sonst sollten Wähler einem Politiker vertrauen und glauben, dass der sich jemals für sie einsetzen wird?

Andrea Nahles will Hartz IV hinter sich lassen, sagt aber nicht, was das heißt und wie es gehen soll. Wen eigentlich möchte diese SPD für sich begeistern, die ja die Meisterin der politischen Intrige ist, dieses oben bereits genannten Ersetzens von Politik durch Personaldebatten? 

Alice Weidel wollte eine natürlich ganz und gar nicht korrumpierbare Alternative darstellen und hat eine Spendenaffäre am Hals. 

Sahra Wagenknecht redet von „Aufstehen“ und, schöner als Habeck kann man’s nicht sagen, bleibt doch sitzen, wenn es gegen Fremdenfeindlichkeit geht.
Es könnte übrigens sein, dass Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz (Jens Spahn diesmal noch nicht) im konservativen Lager bald eine ähnliche Kraft entwickeln wie Baerbock und Habeck auf der linken Seite. Kramp-Karrenbauer wirkt netter, menschlicher, dennoch entschlossen; doch für die CDU dürfte nach den Merkel-Jahren nun Merz der passende Kandidat sein: machtbewusst, durch und durch konservativ, zugleich gerade noch nett und menschlich genug, wertschätzende Worte für die bald abtretende Kanzlerin zu finden. 

Es könnte natürlich auch sein, dass sich die Grünen, wenn sie denn konkret werden müssen, wieder in den Details ihrer noch immer ideologisch umkämpften Steuerpolitik verlieren; oder dass die starke Baerbock und der stärkere Habeck irgendwann zu rivalisieren beginnen. 

Im Moment aber sieht es so aus, als würden Union und Grüne die kommende politische Auseinandersetzung austragen – und nach dieser Auseinandersetzung womöglich die nächste Große Koalition bilden. 

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NYT – Germany’s Real Political Divide Is Generational

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