Stand der Dinge:
Der Spiegel.

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19. Dezember 2018
von Klaus Brinkbäumer

19. Dezember 2018
von Klaus Brinkbäumer

Journalisten haben zwei Aufgaben: Sie müssen die Wirklichkeit recherchieren, und dann müssen sie die Wirklichkeit darstellen. Es gibt Facetten dieser beiden Aufgaben, die Analyse und die Kommentierung des Dargestellten gehören dazu, aber im Wesentlichen geht es immer wieder um Recherche und Darstellung. 

 Journalisten haben zwei Aufgaben: Sie müssen die Wirklichkeit recherchieren, und dann müssen sie die Wirklichkeit darstellen. Es gibt Facetten dieser beiden Aufgaben, die Analyse und die Kommentierung des Dargestellten gehören dazu, aber im Wesentlichen geht es immer wieder um Recherche und Darstellung. 

Redaktionen, die ihren Auftrag („Sagen, was ist”) ernst nehmen, müssen im Innern integer sein, denn Lügen korrumpieren eine Redaktion, zerstören Vertrauen, zerstören das Zusammenspiel. Und Redaktionen haben Kontrollinstanzen. Beim Spiegel prüfen Ressortleiter, Kollegen, Dokumentare, Justitiare, Schlussredakteure und Chefredakteure jeden Text, jeden Satz, jedes Wort. In meinen 25 Spiegel-Jahren gab es Fehler, immer wieder mal, und manchmal wollten die Verantwortlichen diese Fehler lieber kaschieren als sie offenzulegen; aber das Kontrollsystem, so schien es, funktionierte.

Nun aber dies: Der mehrfach preisgekrönte Redakteur Claas Relotius, der seit 2014 für den Spiegel schreibt, hat gelogen, erfunden, betrogen. Er hat unsere Leser getäuscht, auch die Protagonisten seiner Texte, all jene Menschen, die sich ihm anvertraut haben, auch jene natürlich, die sich ihm eben nicht anvertraut haben und trotzdem in seinen Reportagen auftauchten. Er hat die Ressortleiter, die seine Texte redigiert haben, getäuscht und natürlich auch mich, als ich sein Chefredakteur war. Ich kann mich dafür bei unseren Leserinnen und Lesern nur entschuldigen. Journalismus darf so nicht sein, der Spiegel darf so nicht sein.
Einen Verdacht hatte ich nie. Claas Relotius schien ein exzellenter Reporter zu sein: gründlich, präzise, bescheiden, still.

Ein Zuhörer. Kein Draufgänger, kein Aufschneider, keiner, der Forderungen stellte. Seine Ressortleiter schwärmten von Relotius, seine Kollegen vertrauten ihm, nie wurde in unserer Redaktion ein Zweifel an dem jungen Kollegen formuliert. Relotius wirkte auf mich durch und durch erwachsen und professionell; ein Ausnahmetalent, das dachten wir.

Ich wünsche Claas Relotius, dass er versteht, was er angerichtet hat; und dass er einen Weg in ein gesundes, ehrliches Leben findet. Er hat seinen Vertrag inzwischen gekündigt und “Angst vor dem Scheitern” als sein Motiv genannt.

Redaktionen, die ihren Auftrag („Sagen, was ist”) ernst nehmen, müssen im Innern integer sein, denn Lügen korrumpieren eine Redaktion, zerstören Vertrauen, zerstören das Zusammenspiel. Und Redaktionen haben Kontrollinstanzen. Beim Spiegel prüfen Ressortleiter, Kollegen, Dokumentare, Justitiare, Schlussredakteure und Chefredakteure jeden Text, jeden Satz, jedes Wort. In meinen 25 Spiegel-Jahren gab es Fehler, immer wieder mal, und manchmal wollten die Verantwortlichen diese Fehler lieber kaschieren als sie offenzulegen; aber das Kontrollsystem, so schien es, funktionierte.

Nun aber dies: Der mehrfach preisgekrönte Redakteur Claas Relotius, der seit 2014 für den Spiegel schreibt, hat gelogen, erfunden, betrogen. Er hat unsere Leser getäuscht, auch die Protagonisten seiner Texte, all jene Menschen, die sich ihm anvertraut haben, auch jene natürlich, die sich ihm eben nicht anvertraut haben und trotzdem in seinen Reportagen auftauchten. Er hat die Ressortleiter, die seine Texte redigiert haben, getäuscht und natürlich auch mich, als ich sein Chefredakteur war. Ich kann mich dafür bei unseren Leserinnen und Lesern nur entschuldigen. Journalismus darf so nicht sein, der Spiegel darf so nicht sein.
Einen Verdacht hatte ich nie. Claas Relotius schien ein exzellenter Reporter zu sein: gründlich, präzise, bescheiden, still.

Ein Zuhörer. Kein Draufgänger, kein Aufschneider, keiner, der Forderungen stellte. Seine Ressortleiter schwärmten von Relotius, seine Kollegen vertrauten ihm, nie wurde in unserer Redaktion ein Zweifel an dem jungen Kollegen formuliert. Relotius wirkte auf mich durch und durch erwachsen und professionell; ein Ausnahmetalent, das dachten wir.

Ich wünsche Claas Relotius, dass er versteht, was er angerichtet hat; und dass er einen Weg in ein gesundes, ehrliches Leben findet. Er hat seinen Vertrag inzwischen gekündigt und “Angst vor dem Scheitern” als sein Motiv genannt.

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10. Dezember 2018

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Merz, Merkel & AKK. Wie kommt das, dass ein exzellenter Redner im wichtigsten politischen Moment seines Lebens die schlechteste Rede seines Lebens hält? 
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